Lätare | Freut euch | 22. März 2020

1. Wo sind wir im Kirchenjahr?

„Freut euch“ lautet übersetzt der Name dieses Sonntags. Auch wenn er mitten in der Fastenzeit liegt, also der Zeit, in der wir in besonderer Weise an das Leiden und Sterben von Jesus Christus erinnern, ist er doch schon deutlich von Ostern her bestimmt. Deswegen hat dieser Sonntag gelegentlich auch die Bezeichnung „Klein-Ostern“ erhalten.

Im Grunde genommen gilt das für jeden der Sonntage in der Fastenzeit: Wir kommen von Ostern her. Die Passionsberichte im Neuen Testament sind nach Ostern aufgeschrieben worden und können auch nur mit dem Wissen um die Auferstehung verstanden werden. Das Leiden und Sterben von Christus ergibt erst einen Sinn von seiner Auferstehung her.

Gelegentlich einmal findet man Kirchen, die eine ganz alte liturgische Tradition fortführen und für den Sonntag Lätare (und den Sonntag „Gaudete“ in der Adventszeit) eine eigene liturgische Farbe verwenden, nämlich Rosa. Das Violett der Fastenzeit wird schon durchdrungen vom hellen Weiß des Osterfestes. So wird uns deutlich, dass das Leiden und der Tod nicht das letzte Wort haben. Uns ist verheißen die Überwindung in der Auferstehung, uns ist zugesagt das Leben.

2. Tagesgebet:

Allmächtiger Gott, wir erfahren Zeiten des Leides und der Angst. Dein Sohn ist durch den Tod zum Leben hindurchgedrungen. Um seinetwillen bitten wir dich: Lass uns aufatmen durch den Trost deiner Gnade; gib, dass wir Christus nachfolgen und das Leben erlangen. Der du, Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist, lebst und regierst in Ewigkeit. Amen.

3. Lied des Sonntags: Jesu, meine Freude (ELKG 293, 1-4+6)

1. Jesu, meine Freude, / meines Herzens Weide, / Jesu, meine Zier: / Ach, wie lang, ach lange / ist dem Herzen bange / und verlangt nach dir! / Gottes Lamm, mein Bräutigam, / außer dir soll mir auf Erden / nichts sonst liebers werden.

2. Unter deinem Schirmen / bin ich vor den Stürmen / aller Feinde frei. / Lass den Satan wettern, / lass die Welt erzittern, / mir steht Jesus bei. / Ob es jetzt gleich kracht und blitzt, / ob gleich Sünd und Hölle schrecken, / Jesus will mich decken.

3. Trotz dem alten Drachen, / Trotz dem Todesrachen, / Trotz der Furcht dazu! / Tobe, Welt, und springe; / ich steh hier und singe / in gar sichrer Ruh. / Gottes Macht hält mich in Acht, / Erd und Abgrund muss verstummen, / ob sie noch so brummen.

4. Weg mit allen Schätzen; / du bist mein Ergötzen, / Jesu, meine Lust. / Weg, ihr eitlen Ehren, / ich mag euch nicht hören, / bleibt mir unbewusst! / Elend, Not, Kreuz, Schmach und Tod / soll mich, ob ich viel muss leiden, / nicht von Jesus scheiden.

6. Weicht, ihr Trauergeister, / denn mein Freudenmeister, / Jesus, tritt herein. / Denen, die Gott lieben, / muss auch ihr Betrüben / lauter Freude sein. / Duld ich schon hier Spott und Hohn, / dennoch bleibst du auch im Leide, / Jesu, meine Freude.

4. Geistlicher Impuls zum Sonntagsevangelium (Joh.12,20-24)

Christus spricht: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht. (Joh.12,24)

Es steckt eine ungeheure Kraft in einem unscheinbaren Weizenkorn. Aus einem einzelnen Weizenkorn kann, unter optimalen Bedingungen, tatsächlich das Hundertfache an Frucht hervorgehen. Macht man sich das bewusst, ist es sehr beeindruckend und – zumindest in meiner Wahrnehmung – ein großes Wunder der Schöpfung. Doch zwischen Aussaat und Ernte liegt eine geraume Zeit. Gerade in den ersten Monaten, bei Winterweizen je nach Lage über den ganzen Winter hinweg, sieht man erst einmal gar nichts.

Üblicherweise deuten wir dieses Bild auf den Tod und die Auferstehung von Christus hin. Das hat durchaus seine Berechtigung. Christus musste leiden und sterben, um dann durch seine Auferstehung uns Leben zu schenken. Wenn wir uns den Zusammenhang dieser Aussage im Evangelium anschauen, verschiebt sich der Fokus noch ein wenig. Da sind Menschen auf die Jünger zugekommen, die von Jesus gehört hatten, die ihn wahrgenommen hatten. Diese Menschen wollten gerne einen näheren Kontakt zu Jesus. Jesus redet von seiner Verherrlichung, die noch bevorsteht, redet von dem sterbenden und Frucht bringenden Weizenkorn um deutlich zu machen: Nur in seinem Tod und seiner Auferstehung ist er wirklich zu erkennen. Ihn näher kennenzulernen bedeutet, sich in dieses Geschehen mit hineinnehmen zu lassen.

Gerade in einer Zeit der „Durststrecken“, in der wir auch als christliche Gemeinde auf vieles Gewohnte verzichten müssen, halte ich es für wichtig, dies immer wieder im Blick zu behalten: Christus, der sich nur wirklich erkennen lässt in seinem Sterben und Auferstehen für uns. Das gilt, auch wenn es zurzeit vielleicht nicht so deutlich erkennbar ist, sondern verborgen wie das Weizenkorn, das in der Erde ruht. Doch wie wir von dem Weizenkorn wissen, dass es viel, unvorstellbar viel Frucht bringen wird, dürfen wir auch gewiss sein, dass uns durch die Auferstehung von Jesus Christus unermesslich viel Gutes, nämlich ein ewiges Leben gegeben wird.

Das verändert nicht die Zeit, die wir Geduld haben müssen. Es kann uns aber helfen, den Umgang mit ihr so zu gestalten, dass uns die Liebe und Zuwendung unseres Gottes, das großartige Wunder seiner Liebe immer wieder und immer deutlicher vor Augen stehen. Jesus zu sehen bedeutet dann, an ihm zu dran zu bleiben und auf seine Zuwendung zu vertrauen. Amen.

5. Gebet

Herr Jesus Christus, wie ein Weizenkorn, das in die Erde fällt und erstirbt, hast du dich für uns hingegeben. Durch deinen Tod und deine Auferstehung schenkst du uns das Leben. Wir bitten dich:
Stehe uns bei in dieser schweren Zeit. Lass uns immer wieder vor Augen haben, wie sehr du uns liebst und dich um uns sorgst.
Sei mit allen, die in ihren Häusern eingeschlossen sind und sich isoliert fühlen, dass sie nicht vereinsamen.
Sei mit allen, die sich um die Gesundheit und Pflege der Menschen kümmern, dass sie Stärke und Zuversicht für ihre wichtige Aufgabe erhalten.
Sei mit uns allen und schenke, dass diese Zeit der Bedrängnis bald vorübergehe.
Dir sei Lob und Dank. Amen.

Herausgegeben vom Pfarramt der Christusgemeinde Melsungen (SELK), Pfarrer Jörg Ackermann, Tränkelücke 6, 34212 Melsungen, Telefon 05661-2221, melsungen@selk.de

Erscheinungsdatum 21.3.2020
Bestimmt für die Gemeinden der SELK im Gemeindebezirk Homberg (Efze), Schlierbach, Berge-Unshausen, Melsungen und Widdershausen-Obersuhl
Weitergabe erwünscht und erbeten.
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