Karfreitag | Jesus stirbt | 10. April 2020

1. Wo sind wir im Kirchenjahr?

Der Karfreitag stellt den leidenden und sterbenden Gottessohn vor Augen. Verraten, von seinen Freunden verlassen, zu Unrecht angeklagt stirbt Jesus am Kreuz. Doch im scheinbaren Scheitern dürfen wir erkennen: Es bringt uns das Leben.

2. Tagesgebet:

Allmächtiger, ewiger Gott, von Anbeginn der Welt hast du beschlossen, das menschliche Geschlecht zu erlösen und in der Hingabe deines Sohns am Kreuz diesen Ratschluss vollendet. Lass uns die Tat deiner ewigen Liebe erkennen und, mit dir versöhnt, teilhaben am ewigen Leben. Das bitten wir durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn. Amen.

3. Lied des Tages: O Haupt voll Blut und Wunden (ELKG 63)

1. O Haupt voll Blut und Wunden, / voll Schmerz und voller Hohn, / o Haupt, zum Spott gebunden / mit einer Dornenkron, / o Haupt, sonst schön gezieret / mit höchster Ehr und Zier, / jetzt aber hoch schimpfieret: / gegrüßet seist du mir!
2. Du edles Angesichte, / davor sonst schrickt und scheut / das große Weltgewichte: / wie bist du so bespeit, / wie bist du so erbleichet! / Wer hat dein Augenlicht, / dem sonst kein Licht nicht gleichet, / so schändlich zugericht’?
3. Die Farbe deiner Wangen, / der roten Lippen Pracht / ist hin und ganz vergangen; / des blassen Todes Macht / hat alles hingenommen, / hat alles hingerafft, / und daher bist du kommen / von deines Leibes Kraft.
4. Nun, was du, Herr, erduldet, / ist alles meine Last; / ich hab es selbst verschuldet, / was du getragen hast. / Schau her, hier steh ich Armer, / der Zorn verdienet hat. / Gib mir, o mein Erbarmer, / den Anblick deiner Gnad.
5. Erkenne mich, mein Hüter, / mein Hirte, nimm mich an. / Von dir, Quell aller Güter, / ist mir viel Guts getan; / dein Mund hat mich gelabet / mit Milch und süßer Kost, / dein Geist hat mich begabet / mit mancher Himmelslust.
6. Ich will hier bei dir stehen, / verachte mich doch nicht; / von dir will ich nicht gehen, / wenn dir dein Herze bricht; / wenn dein Haupt wird erblassen / im letzten Todesstoß, / alsdann will ich dich fassen / in meinen Arm und Schoß.
7. Es dient zu meinen Freuden / und tut mir herzlich wohl, / wenn ich in deinem Leiden, / mein Heil, mich finden soll. / Ach möcht ich, o mein Leben, / an deinem Kreuze hier / mein Leben von mir geben, / wie wohl geschähe mir!
8. Ich danke dir von Herzen, / o Jesu, liebster Freund, / für deines Todes Schmerzen, / da du’s so gut gemeint. / Ach gib, dass ich mich halte / zu dir und deiner Treu / und, wenn ich nun erkalte, / in dir mein Ende sei.
9. Wenn ich einmal soll scheiden, / so scheide nicht von mir, / wenn ich den Tod soll leiden, / so tritt du dann herfür; / wenn mir am allerbängsten / wird um das Herze sein, / so reiß mich aus den Ängsten / kraft deiner Angst und Pein.
10. Erscheine mir zum Schilde, / zum Trost in meinem Tod, / und lass mich sehn dein Bilde / in deiner Kreuzesnot. / Da will ich nach dir blicken, / da will ich glaubensvoll / dich fest an mein Herz drücken. / Wer so stirbt, der stirbt wohl.

4. Geistlicher Impuls zum Tagesspruch (Johannes 3,16)

Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.

Wie groß kann Einsamkeit werden? Nach fast vier Wochen Kontaktsperre hat sich vieles eingependelt. Familie spielt dabei durchaus eine ganz große Rolle oder auch Nachbarschaft. So wird für Eltern, Nachbarn, Freunde eingekauft, werden Besorgungen unternommen, damit besonders gefährdete Menschen besser geschützt bleiben können. Es wird mehr telefoniert, gechattet, geskypt, es gibt Videokonferenzen, Livestreams, sogar gemeinsames Musizieren übers Internet.

Und doch merken wir, dass das die persönliche Begegnung nicht ersetzen kann. Viele vermissen das Miteinander, das Gespräch mit einem realen Gegenüber, die Gemeinschaft.

Wenn ich das Leiden Christi betrachte, fällt mir seine Verlassenheit auf. Nicht nur, dass er von einem seiner Freunde verraten wurde, alle anderen Freunde haben ihn verlassen. Selbst derjenige, der ganz laut getönt hatte, sogar sein eigenes Leben mit dranzugeben, bleibt nicht. Von Frauen, die von ferne standen ist die Rede, wobei die Distanz gewiss deutlich mehr als zwei Meter gewesen sein dürfte.

Doch die tiefste Verlassenheit kommt in seinen Worten am Kreuz zum Ausdruck: Mein Gott, warum hast du mich verlassen? – Es ist eigentlich unvorstellbar, was das bedeutet. Und es ist weit mehr als nur das Zitat aus einem Psalm, den ein angefochtener Beter gesprochen hat. Es ist die absolute Trennung vom Leben, die an dieser Stelle zum Ausdruck kommt. Gott, der das Leben ist, trennt sich von sich selber, von dem, was ihn charakterisiert, was ihn ausmacht. Es ist für uns kaum fassbar, kaum begreifbar, was da am Kreuz von Golgatha geschehen ist. Die Verlassenheit ist so tief, wir können das nicht nachvollziehen.

Was wir aber nachvollziehen, was wir erkennen können ist, dass das uns zugut geschehen ist. Wir dürfen Leben haben, wir sind gerufen in die Gemeinschaft mit Gott, der das Leben ist. So sieht Liebe aus! So sieht Liebe aus, die wirklich alles gibt, um uns nicht zu verlieren. Amen.

5. Gebet

Christus, wir stehen unter deinem Kreuz und erkennen darin die große Liebe deines Vaters. Du gingst in Leiden und Tod, damit wir nicht verloren gehen, sondern bei und in dir Leben haben. Schenke uns, das Geheimnis dieser großen Liebe immer wieder neu zu erkennen, dadurch Kraft zu schöpfen für die Bewältigung des Lebens in dieser Welt, besonders auch in der gegenwärtigen Krise. Sei mit der Kraft, die von deinem Kreuz ausgeht bei allen, die Hilfe und Unterstützung nötig haben.

Wir stehen unter deinem Kreuz – lass es uns zum Zeichen des Lebens sein, des Lebens, das du uns schenkst. O du Gotteslamm, das die Sünde der Welt trägt, erbarme dich über uns. Amen.

Herausgegeben vom Pfarramt der Christusgemeinde Melsungen (SELK), Pfarrer Jörg Ackermann, Tränkelücke 6, 34212 Melsungen, Telefon 05661-2221, melsungen@selk.de

Erscheinungsdatum 9.4.2020
Bibelzitate aus der Lutherbibel (Revision 2017), © Deutsche Bibelgesellschaft 2016
Bestimmt für die Gemeinden der SELK im Gemeindebezirk Homberg (Efze), Schlierbach, Berge-Unshausen, Melsungen und Widdershausen-Obersuhl
Weitergabe erwünscht und erbeten.
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