Judika | Schaffe mir Recht | 29. März 2020

1. Wo sind wir im Kirchenjahr?

Mit dem Sonntag Judika beginnt die innere Fastenzeit, die eigentliche Passionszeit. Das Leiden Christi um unseretwillen tritt noch stärker in den Blick. Vielleicht verbindet mancher mit dem Sonntagsnamen noch den Anfang von Psalm 43 aus früheren Bearbeitungen der Lutherbibel: „Richte mich, Gott…“ Bereits seit der vorletzten Revision steht dort: „schaffe mir Recht“. Es geht nicht um Verurteilung, es geht vielmehr um Rechtsfindung und Rechtsdurchsetzung. Christus, der leidende Gerechte ist es, der auftritt und das Recht einfordert, dass nämlich uns seine Gerechtigkeit zugerechnet wird.

2. Tagesgebet:

Barmherziger, ewiger Gott, du hast deinen Sohn leiden und sterben lassen, um uns zu erretten. Schenke uns, dass wir in seinem Opfer deine Liebe erkennen und dadurch in unserem Leiden getröstet werden. Stärke unsere Hoffnung, dass wir mit ihm zur Auferstehung gelangen. Durch ihn, Jesus Christus, deinen Sohn, der mit dir und dem Heiligen Geist lebt und regiert in Ewigkeit. Amen.

3. Lied des Sonntags:
O Mensch, bewein dein Sünde groß (ELKG 54)

1. O Mensch, bewein dein Sünde groß, / darum Christus seins Vaters Schoß / äußerta und kam auf Erden; / von einer Jungfrau rein und zart/ für uns er hier geboren ward, / er wollt der Mittler werden. / Den Toten er das Leben gab / und tat dabei all Krankheit ab,b / bis sich die Zeit herdrange, / dass er für uns geopfert würd, / trüg unsrer Sünden schwere Bürd / wohl an dem Kreuze lange.

a) Phil 2,7; b) Mt 8,16.17

2. So lasst uns nun ihm dankbar sein, / dass er für uns litt solche Pein, / nach seinem Willen leben. / Auch lasst uns sein der Sünde feind, / weil uns Gotts Wort so helle scheint, / Tag, Nacht danach tun streben, / die Lieb erzeigen jedermann, / die Christus hat an uns getan / mit seinem Leiden, Sterben. / O Menschenkind, betracht das recht, / wie Gottes Zorn die Sünde schlägt, / tu dich davor bewahren!

4. Geistlicher Impuls zum Wochenspruch (Matthäus 20,28)

Christus spricht: Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben als Lösegeld für viele.

Menschen reagieren unterschiedlich darauf, wenn sie in ihrem Tun, in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt werden. Für „Machertypen“, Menschen also, die es gewohnt sind, zu handeln, zu agieren, kann das ganz schwierig werden. Auch im kirchlichen Bereich ist das zu beobachten, mittlerweile ist die Fülle an Online-Gottesdiensten oder –Andachten, an Rundbriefen oder anderen Formaten schon richtig beeindruckend.

Im Evangelium für Judika fragen die Söhne des Zebedäus (oder auch ihre Mutter, je nach Bericht), ob sie zur Seite von Jesus in seiner Herrlichkeit sitzen dürfen. Ich glaube noch nicht einmal, dass das so gemeint ist als wollten sie dadurch vor den anderen Jüngern in besonderem Licht erscheinen. Wahrscheinlich wollten sie dadurch auch nur eine besondere Verbundenheit zu Jesus zum Ausdruck bringen. Mag sein, dass sie eine Bestätigung für ihre Leistung und für ihren Einsatz für Jesus und seine Sache erhofft haben – bewusst oder auch unbewusst. Es wäre doch ganz schön, wenn man kräftig etwas zur Ausbreitung des Reiches Gottes beitragen könnte – und das dann auch ein wenig Anerkennung fände. Dass sie „Machertypen“ sind, dass sie voller Elan für die Sache sind, zeigt sich im Fortgang des Gesprächs. Als Jesus nachfragt, ob sie denn wohl in der Lage seien, den Kelch zu trinken, den er zu trinken habe, sagen sie im Brustton der Überzeugung: „Ja, das können wir.“ Mit Sicherheit hätten die beiden in einer Zeit, in der die üblichen Wege, von Jesus Christus zu erzählen, versperrt sind auch nach neuen Wegen gesucht. Mit Sicherheit hätten sie diese gefunden, in Telefonketten, Internet-Andachten, durch Briefe, wie auch immer. Ich kann mir sogar gut vorstellen, dass sie dafür Anerkennung gefunden hätten, zumindest bei den Menschen. Das sind schon tolle Kerle, wenn die das so auf die Reihe bringen.

Christus tadelt nicht ihren Einsatz. Er tadelt nicht ihren Elan. Er macht allerdings deutlich, dass es nicht das Handeln der Jünger ist, das die Herrlichkeit oder den Platz in der Herrlichkeit herbeiführt. Vielmehr geht es um das, was er, Christus tut: „Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben als Lösegeld für viele.“

Gerade in einer Zeit, in der viele Menschen nach Aktivität suchen, in der auch in der Kirche das Gefühl da ist, es müsse doch viel getan werden, ist es wichtig, uns das vor Augen stellen zu lassen: Christus hat für uns alles getan. Um seinetwillen, um seines Opfers willen haben wir Erlösung. – Erlösung, dahinter steckt die Vorstellung, dass wir Menschen von dem frei gemacht werden müssen, was uns von Gott trennt und dass Jesus mit seinem unschuldigen Leiden und Sterben für uns eingetreten ist. Es kommt auf das an, was Christus für uns getan hat; auch und gerade dann, wenn wir das Gefühl haben, eigentlich noch mehr tun zu müssen. Durch ihn ist schon alles geschehen.

Das bedeutet nicht, dass wir jetzt die Hände in den Schoß legen sollten. Wir haben auch den Auftrag, das, was Christus getan hat zu verkündigen und weiterzusagen. Doch nicht von unserem Tun hängt Wohl und Wehe der Kirche ab, nicht wir sind es, die Menschen erlösen, es ist vielmehr Christus. Von ihm getragen kann man auch in schwierigen Zeiten aufatmen. Amen.

5. Gebet

Gütiger Gott, dein Sohn ist Mensch geworden, nicht um sich dienen zu lassen, sondern um sich für uns zu opfern, um sein Leben zu geben, damit wir Leben haben. In ihm haben wir die Hoffnung, das Elend und die Not unserer Zeit und Welt überstehen zu können und hinzukommen zu dem Leben in seiner Herrlichkeit. Dafür danken wir dir und bitten: Lass uns immer wieder deine Liebe und Güte erkennen. Lass uns nicht auf unser Tun und Handeln vertrauen, sondern auf das, was Christus für uns getan hat und immer noch tut.
Schenke allen, die sich verlassen fühlen, die unter Einsamkeit leiden deinen Beistand und deine Hilfe. Mache uns dabei zu deinen Werkzeugen, dass wir helfen und dienen. Das bitten wir um deiner Liebe willen. Amen.

Herausgegeben vom Pfarramt der Christusgemeinde Melsungen (SELK), Pfarrer Jörg Ackermann, Tränkelücke 6, 34212 Melsungen, Telefon 05661-2221, melsungen@selk.de

Erscheinungsdatum 28.3.2020
Bestimmt für die Gemeinden der SELK im Gemeindebezirk Homberg (Efze), Schlierbach, Berge-Unshausen, Melsungen und Widdershausen-Obersuhl
Weitergabe erwünscht und erbeten.
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